Erfolgreiche (Hochbau-)Projekte 1: die realistischen Kosten

In meinem Beitrag „warum gehen große Projekte schief?“ habe ich einen Einblick gegeben, wo die Probleme bei großen Baumaßnahmen entstehen. Nun möchte ich in einer kleiner Artikelreihe beleuchten, was man tun kann, um eben diese Probleme zu vermeiden. Die drei großen Themen waren

  • realistische Baukosten von Anfang an
  • konsequentes Change-Management von Anfang an
  • nicht allein preisorientierte Vergabeentscheidungen (von Anfang an…)

Also fangen wir mit dem Thema Kosten an:

Zuallererst möchte ich mit einem Mythos aufräumen, es gäbe in Deutschland keine vernünftigen Kostendaten. Das ist schlicht unzutreffend. Für alle wesentlichen Bauleistungen kann man sich in unterschiedlicher „Darstellungstiefe“ aktuelle Kostendaten beschaffen. Quellen hierfür sind z.B. die BKI Baukostendatenbank oder diverse Preisdatenbanken wie z.B. die von Sirados.

Man muss diese Daten dann natürlich noch in den richtigen Zusammenhang stellen, aufpassen, dass man Brutto und Netto nicht verwechselt, daran denken, die Kostendaten auf einen spezifischen Kostenstand hin zu indexieren, die wirtschaftliche Gesamtsituation einpreisen, regionale Besonderheiten berücksichtigen etc. pp. Fachleute können das und verfügen (wie wir z.B.) auch über umfangreiche eigene Kostensammlungen und Marktkontakte.

Der wichtigste Schritt in Richtung Kostensicherheit ist allerdings nicht die Auswahl der geeignetsten Datenquelle für die Kostendaten, sondern etwas Anderes: Ich achte bei unseren Projekten immer peinlichst darauf, dass die Anforderungen an das Projekt als Bestandteil der Kostenermittlung klar und für alle Beteiligten nachvollziehbar benannt werden. Diese Anforderungen zu benennen, ist übrigens eine klassische Bauherrenaufgabe.

Mit einer klaren Anforderungsliste können dann die Kosten, je nach Planungsphase, sukzessive immer genauer ermittelt werden. Wir tun dies auf Grundlage der DIN 276, Kosten im Hochbau, es gibt aber auch eine Reihe anderer, für internationale Projekte eher geeignete Ordnungsstrukturen, wie z.B. das Black Book und das Red Book der RICS. Die DIN 276 bildet alle denkbaren Kostenauslöser bei Hochbauprojekten in einer Art Baumstruktur ab. Dies ermöglicht es uns, die Kostenermittlung Schritt um Schritt zu verfeinern. Wir führen damit zum Beispiel während der frühen Projektphasen Variantenuntersuchungen auf der Grundlage von bauteilbezogenen Kosten schnell und sicher durch.

Gerade in den frühen Projektphasen sind zwei weitere Bausteine extrem wichtig:

  • Installieren eines konsequenten Change Managements
  • Risikobewertung von Anfang an

Warum Change Management? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade Bauherren mit wenig Erfahrung durch Change Management lernen, die Tragweite Ihrer Entscheidungen besser zu verstehen. Change Management hilft, den Zusammenhang von Kosten, Terminen und Qualitäten zu verstehen. Ausserdem entsteht durch Change Management automatisch ein „Projektlogbuch“, in dem die wichtigsten Entscheidungen chronologisch nachvollziehbar werden. Change Management bildet somit den Prozess der Projektdurchführung ab. Mehr zu Change Management in einem weiteren Artikel…

Und Risikobewertung? Ist nicht alles in Butter, wenn ich erst mal gesagt habe, was ich will? Nein, denn gerade am Anfang sind viele Projektparameter noch unbekannt. Den möglichen Einfluss auf das Projekt muss ich also wohl oder übel erst mal schätzen. Und dann sind da noch Dinge, von denen ich weiß, dass sie wahrscheinlich eintreffen können, aber nicht unbedingt müssen. Hier interessieren mich zwei Dinge, die ich in Bezug zueinander setzen muss: die Eintrittswahrscheinlichkeit und die mögliche Auswirkung auf das Projekt. Die Risikobewertung ist somit die Stellschraube, um die Breite des erforderlichen „Lösungsraums“ bei meinen Kosten zu bestimmen.

Zu guter Letzt sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die beste Kostenberechnung Makulatur bleibt, wenn sie nicht permanent mit der Entwicklung des Projekts abgeglichen wird und sich so mit den anderen Steuerungsinstrumenten verzahnt. Ich verwende deshalb lieber den Begriff „Kostenplanung“, da es sich um einen fortlaufenden Prozess über die gesamte Projektlaufzeit handelt. Das war jetzt natürlich nur eine sehr grobe Einführung.Mehr dazu, insbesondere zum Thema „Kostenplanung in der Ausführungsphase“ in einem weiteren Artikel.

3 Gedanken zu „Erfolgreiche (Hochbau-)Projekte 1: die realistischen Kosten

  1. Georg W

    Ihr Beitrag beschreibt mustergültig die sinnvolle Vorgehensweise in der Kostenplanung gemäß DIN 276. Ich war jahrelang in der Qualität- und Kosten steuerung von Großprojekten tätig. Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe, in der man keinerlei Dank zu erwarten hat. Man kommt stets zu spät und ist der Brücke Überbringer schlechter Nachrichten: „Die Planung funktioniert so nicht“, „das kostenbudget reicht so nicht aus“. Mit diesen Aussagen macht sich keine Freunde in Projekten. Die Ursachen für die unzureichenden Kenntnisse und Fertigkeiten der Planer beginnen bereits in der Ausbildung. Im Studium gibt es nur selten Lehrstühle für Bauökonomie. Die Entwürfe sind stets ohne Ausführungsplanung, Ausschreibung oder Kostenberechnung zu erbringen. Es Werden „schöne Details“ gezeichnet, welche nicht montierbar und zu kostspielig sind. Das konventionelle, wirtschaftliche Fügen von Bauteilen mit einer kontinuierlichen Kostenplanung wird nicht gelehrt. In der Regel werden realitätsferne Aufgaben gestellt, für welche ein möglichst aufregender Entwurf mit einer großen Geste gesucht wird. Der „normale“ Bauherr mit einem beschränkten Finanzrahmen hat hierfür keinerlei Verständnis.

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    1. Johannes Stumpf Artikelautor

      Ich teile Ihre Meinung, dass in der Ausbildung der Architekten viel zu wenig darauf geachtet wird, Methoden zum kostenbewussten und vernetzten Planen zu vermitteln. Leider wird dies auch in anderen Studiengängen versäumt. Wirtschaftsingenieure sind hier leider kein Ersatz, da meist zu sehr auf betriebswirtschaftliche Fragen hin orientiert, was wiederum das erforderliche „über-den-Tellerrand-blicken“ hindert.
      Danke für Ihren Kommentar!

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  2. Sven Bucher

    Ich denke, dass man unbedingt auf die Kosten im Hochbau eingehen sollte. Diese müssen gewissenhaft und detailliert erfasst werden. Die Finanzierung im Vorfeld ist schließlich darauf auszulegen. Vielen Dank für Ihren Beitrag zum Hochbau.

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