Früher war die Welt noch in Ordnung. Es gab den Architekten, der als Generalist selber nix weiß, aber alles erklären kann und dann den Fachingenieur, bei dem es umgekehrt ist. Da brauchte der Architekt nur das „fertige Werk“ des Fachingenieurs zu nehmen und an die richtige Stelle im Entwurf integrieren. Damals waren Tragwerke überschaubar und die technische Ausstattung beschränkte sich auf eine Heizung, ein bisschen Elektroleitung unter Putz und ein paar Rohre neben dem Klo.
In der landläufigen Meinung der breiten Öffentlichkeit hatte sich dieses Bild eh nie ganz durchgesetzt. Dort erschien der Architekten entweder als der allwissende (und allmachende) Große Zampano der Bau- und Anlagentechnik oder als der kreative Schöngeist, dessen Ideen sich magisch manifestieren. Wie man spätestens seit BER weiß, liegen beide Auffassungen deutlich neben der Wahrheit.
Die allermeisten Architekten tragen das Bild des Generalisten und Integrators immer noch schutzschildartig vor sich her, und in einigen (wenigen) Fällen ist das auch berechtigt. Allerdings hat hier seit einigen Jahren ein Wandel eingesetzt. Je seltener die Bauherren den Mut zur gewerkeweisen Einzelvergabe aufbringen, desto öfter wird hier in Deutschland ein Modell umgesetzt, dass bei nahezu allen anderen europäischen Kollegen gang und gäbe ist: der Generalunternehmer, in dessen Verantwortung die technische Planung und Realisierung des Bauwerks liegt. In diesem Modell bleibt dem Architekten im Wesentlichen nur noch die Entwurfsphase. Mit der Folge, dass das baufachliche Wissen in vielen Planungsbüros immer dünner wird und sich mehr oder minder auf die Kreativdienstleistung beschränkt. Ist das schlimm fürs fertige Gebäude? Nicht grundsätzlich, aber natürlich geht Einiges verloren, wenn Bau-Know-How nicht in der Entwurfsphase ankommt. Die Folge: entweder unnötige Kosten für den Bauherren oder Qualitätseinbußen bei der Umsetzung des Entwurfs. Und Innovationen aus der Verbindung von Technik und Gestaltung können bei diesem Modell auch nicht erwartet werden.
Das ist schade, werden wir deutschen Architekten doch gerade wegen unseres tieferen technischen Know-hows im Ausland geschätzt. Wenn wir diesen Wettbewerbsvorteil erhalten wollen, müssen wir gegensteuern. Aber wie? Kann das Resultat auch für unsere Bauherren interessant sein? Vermutlich. Aber dann ist umdenken gefragt.
Ich möchte in den nächsten Wochen zu diesem Thema immer mal wieder in lockerer Folge meine Gedanken einstreuen. Freuen würde es mich, wenn hieraus ein Dialog mit der Leserschaft werden würde, deshalb bitte kommentieren!